NEUGESTALTUNG VOLKSFESTPLATZ GERMERING


Realisierungswettbewerb mit städtebaulichem Ideenteil
mit von Angerer Architekten und Stadtplaner GbR, München

Oktober 2022


KONZEPT
Der Entwurf setzt auf die zentrale Lage der Fläche innerhalb des Freiflächensystems Germerings. Die städtebauliche Setzung des KiTa-Ergänzungsbaus unterstützt die Intention neue Orte mit Aufenthaltsqualität und Identität zu schaffen. Die bislang an der Bahn-Unterführung endende Marktstraße wird nun bereits am Marktplatz deutlich entschleunigt. So entstehen drei neue Lieblingsorte in Germering: Der introvertierte KiTa-Hof, der sowohl dem Ankommen der Kinder als auch dem gemeinschaftlichen Spiel oder KiTa-Veranstaltungen dient. Das Ensemble aus Park und Marktplatz, das durch die konsequente Umsetzung des Shared-Space-Prinzips neue Prioritäten setzt und zum Verweilen anstatt zum Durchlaufen einlädt. Der Nachbarschaftsgarten mit Urban Gardening-Flächen und einer Nachbarschaftswerkstatt, wo gemeinsam gegärtnert, repariert und gebaut werden darf.

Den roten Faden durch das Areal bilden die verschiedenen „Linsen“, die unterschiedliche Nutzungen zulassen und dank ihrer Multicodierung flexibel auf unterschiedliche Situationen reagieren können. So können hier Märkte stattfinden, Regenwasser eingestaut werden oder Streetball- und Schachmatches stattfinden. Skaten und Dreiradrennen sind hier ebenso möglich, wie Hüpfspiele und Torwanderfolge. Ergänzt werden die Linsen um die fröhliche und vielseitige Bestückung mit Sitzelementen, Kleinarchitekturen und Spiel- und Ausstattungselementen. Als Ersatz für den ehemaligen Spielplatz an der Kleinfeldstraße entsteht ein neuer Spielbereich im Park. Wer eher Ruhe sucht, zieht sich auf die Liegebank in der Lese-Ecke im nordwestlichen Park zurück. Gerahmt werden Park und Platz von einem grünen Saum. Im Bereich des Parks und Südlich des Platzes als Sponge Garden angelegt nimmt er das Regenwasser der befestigten Flächen auf und bietet mit seiner artenreichen Bepflanzung einen Lebensraum für Kleintiere und Insekten. Die Baumauswahl berücksichtigt die klimatischen Veränderung. Durch ihre artenreiche Zusammensetzung wird der Schaden im Falle einer Totalausfall einer Baumart minimiert.

Hinsichtlich Nachhaltigkeit wird auf ein dezentrales, vielschichtiges Entwässerungskonzept gesetzt. Der Einsatz von regionalen Materialen zeigt sich vor allem bei der Pflasterauswahl (Bayerwald-Granit) und die bestehenden Asphaltflächen werden als Tragschichten für die „Linsen“ erhalten und neu beschichtet.
Auch auf sozialer Ebene stellt der Volksfestplatz 2.0 eine Optimierung dar. Die Nutzung der Flächen bezieht alle Altersgruppen mit ein und ermöglicht ein gemeinschaftliches Miteinander.

ZUGANG NORD
Von Norden kommend präsentiert sich der neue Volksfestplatz mit Blick in den Park. Die multicodierte Fläche markiert den Shared Space und dient als Parkplatz bzw. als Spiel- und Aufenthaltsfläche. Die Stellplätze auf dem Nachbargrundstück links bleiben von der Neugestaltung unberührt, können aber optional gestalterisch in die Fläche einbezogen werden.

ZUGANG OST
Von der Kleinfeldstraße aus Osten kommend gelangt der Fußgänger über die kleine Anliegerstraße von Osten her auf den Marktplatz. Der Zugang kann auch für die Marktfahrzeuge genutzt werden.

ZUGANG SÜD
An der südlichen Zufahrt über die Marktstraße von der Kleinfeldstraße kommend kennzeichnet neben dem Belagswechsel Asphalt-Granitpflaster eine farbige Spiel-Linse den Beginn des Shared Space. Die Fläche bietet zu Marktzeiten drei Stellplätze plus einen rollstuhlgerechten Stellplatz. Außerhalb der Marktzeiten lädt die Fläche Jung und Alt zum gemeinschaftlichen Schachspiel ein.

ZUFAHRT KITA
Wie im Bestand erreicht man die KiTa über die Anliegerstraße, deren Beginn über die Spiel-Linse und eine kurze Fahrbahnverengung markiert wird. Die Spiel-Linse mit Torwand und Ballfangzaun in Richtung Marktstraße dient zu Marktzeiten als Parkplatz für vier Fahrzeuge.

KITA-HOF
Die städtebauliche Positionierung des neuen KiTa-Gebäudes schafft eine Hof-Situation, die von beiden Häusern gemeinschaftlich genutzt werden kann. Die Fläche wird von Verkehr frei gehalten. Dieser wendet am vorgelagerten Kreisel. Die Feuerwehr kann in den Hof fahren und rückwärts wenden. Auch das Müllfahrzeug schafft ein Wenden in drei Zügen.

NACHBARSCHAFTSGARTEN
Auf dem Grundstück des ehemaligen Spielplatzes entsteht neben dem Kleinen Wertstoffhof ein Nachbarschaftsgarten. Hier kann gemeinschaftlich gegärtnert, repariert und gebaut werden. Die bestehende Dachstruktur wird mit Wänden geschlossen und als Schuppen für Werkzeuge genutzt. Der Shared Space der Marktstraße bindet den Garten an Park und Platz an.

MULTICODIERUNG: zu Marktzeiten
Die Flächen des Marktplatzes sowie der zugehörigen Stellplätze erlauben eine vielseitige und flexible Nutzung. Die Marktstände können entsprechend der Vorgaben platziert werden. Die Zugänge von Westen und von Osten sowie zum WC bleiben dabei frei. 16 Stellplätze befinden sich im Bereich des Shared Space, vier parallel zur Kleinfeldstraße. Bei Märkten am Wochenende stehen alternativ die 20 Stellplätze der KiTa zur Verfügung, sodass die multicodierten Flächen im Shared Space frei bleiben für Freizeitnutzung. Stellplätze für Fahrräder und Lastenräder werden dezentral im Bereich der Zugänge verteilt.

MULTICODIERUNG: außerhalb Marktzeiten
Findet kein Markt statt, dann stehen die Flächen für Freizeitaktivitäten zur Verfügung. Gleichzeitig entschleunigen sie aufgrund ihrer auffälligen Gestaltung den Verkehr und räumen dem unmotorisierten Verkehr eine hohe Priorität ein. Der Water Square erhält eine dreifache Codierung: Marktnutzung, Spielfläche und Überflutungsraum im Falle von Starkregen. Neben den multicodierten Flächen gibt es weitere Nutzungsbereiche: Spielplatz, Lese-Ecke, Spiel-Hof und Wendestelle/Skatefläche.

WASSERMANAGEMENT
Die Entwässerung der Freiflächen erfolgt dezentral und flächig mit Hilfe verschiedener Maßnahmen zur Rückhaltung, Verdunstung und Versickerung. Die Versickerung über Rigolen erfolgt überwiegend außerhalb des Altlastenbereichs und in Kombination mit Baumrigolen, sodass das Wasser schnellstmöglich von den Bäumen aufgenommen wird. Der Sponge Garden zieht sich um den Park, nimmt Wasser aus den angrenzenden befestigten Flächen auf. Die dichte Bepflanzung fördert die Evapotranspiration. Weiterhin werden außerhalb der ehemaligen Kiesgrube zwei Zisternen installiert, die Wasser für Trockenperioden speichern können. Der Water Square macht das Regenereignis temporär erlebbar, indem er als Einstaufläche fungiert.

PFLANZENVERWENDUNG
Der Entwurf setzt auf ein artenreiches, vielseitiges und klimaangepasstes Pflanzkonzept, das zu allen Jahreszeiten ansprechende Aspekte bietet. Die Grafik zeigt die Verteilung der Bäume mit Herbstaspekt. Bei der Auswahl wurde weiterhin Wert gelegt auf: Wurzelsystem (Flach- und Herzwurzler, Blühaspekt, Bienen-/Vogelnährgehölze). Die Bestandsbäume werden bis auf drei Bäume alle erhalten. Sponge Garden und grüner Saum um den Platz werden mit standortangepassten Staudenmischpflanzungen belegt.

FLÄCHENBILANZ BELAGSFLÄCHEN
Der Entwurf strebt eine deutliche Entsiegelung der Flächen an. Um den Versiegelungsgrad für den ruhenden Verkehr so gering wie möglich zu halten, wird dieser stets entlang von Erschließungswegen verortet. Die erforderlichen befestigten Flächen werden mit teildurchlässigen Belägen belegt: Kleinsteinpflaster mit hohem Fugenanteil, Rasenfugenpflaster und wassergebundene Decke. Da der Entwurf weitestgehend das bestehende Geländeprofil nutzt, sollen für die (multicodierten) Spiel-Linsen die bestehenden Asphalttragschichten möglichst erhalten und mit einer neuen Deckschicht erhalten werden. Somit wird der Abbruch reduziert und zudem die Altlastenfläche im Bereich Marktplatz zu 60% versiegelt belassen.

FLÄCHENBILANZ ALTLASTEN
Die tiefergehenden Eingriffe in den Boden konzentrieren sich in den Randbereichen der ehemaligen Kiesgrube. Am Marktplatz, wo es eine größere Überdeckung des Müllkörpers gibt, werden auch mittig Bäume gestellt. Im Parkbereich werden für mittig platzierte Bäume kleinere Aufschüttungen vorgesehen, die zusätzlich Räume bilden und zum Spielen einladen. Die Altlasten im Bereich Neubau werden ausgekoffert und entsorgt. Am Platz bleibt die Versiegelung durch die Asphaltfläche zu 6ß0% erhalten, der Rest wird abgedichtet (Folie oder Asphalttragschicht).

MATERIALITÄT PARK
Im Park besticht die Kombination aus naturnaher Gestaltung (Kiesweg, Kletterstruktur aus Holz, Fallschutz aus Riesel, artenreiche Staudenpflanzung) und auffälliger Möblierung. Die lange Bank bietet Platz für Eltern, Großeltern und Passanten und reiht sich optisch in die Gestaltsprache der Platzmöblierung ein.
Bei der Bepflanzung des Sponge Garden berücksichtigt der Entwurf den wechselfeuchten, (halb)schattigen Standort. Die südlich angrenzenden Stellplätze werden als Rasenfugenpflaster mit trittresistenter Blumenmischung ausgeführt, um die natürliche Anmutung zu unterstreichen und den Oberflächenabfluss zu reduzieren.

MATERIALITÄT PLATZ
Marktplatz und Shared Space werden entsiegelt und mit einem kleinformatigen heimischen Natursteinpflaster im Passé-Verband neu gestaltet. Der hohen Fugenanteil gewährleistet einen günstigeren Abflussbeiwert als die bestehenden Asphaltflächen. Um den Abbruch und Abfall zu reduzieren, werden die Asphaltflächen in Teilbereichen erhalten, mit einer neuen Deckschicht versehen und farbig beschichtet. Dadurch entstehen verschiedene, multicodierte Flächen zum Spielen. Der Water Square erlaubt zusätzlich den temporären Rückstau von Oberflächenwasser. Die seitliche Aufkantung aus Betonsitzstufen sind mit einem Kantenschutz versehen, sodass diese auch zum gelegentlichen Skaten genutzt werden kann. Die Möblierung sieht verschiedene Elemente vor, die sich durch ihre einheitliche Materialität und Farbgebung durch das Projektgebiet ziehen (gelb lackierter Stahl mit Holz).

BELEUCHTUNGSKONZEPT
Die nächtliche Querung des Platzes und der Shared Space - Flächen soll verkehrssicher ausgeleuchtet sein. Im Park hingegen wird auf eine Beleuchtung verzichtet, da eine Durchwegung zum Erreichen des Ziels nicht erforderlich ist. Am Platz spielen die Mastleuchten mit den runden Spielfeldern und inszenieren diese. Dabei wird auf eine warme und zurückhaltende Beleuchtung gesetzt.